Biehl Racing baut Ex Eifelland Racing Hannelore Werner Fahrzeug auf

Innerhalb von eineinhalb Jahren restaurierte Biehl Racing den Ex-Eifelland-Hannelore Werner-Formel 3-March 713 m
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„Du musst jede Schraube kontrollieren“

Es gibt immer noch Glücksfälle, die gibt es eigentlich gar nicht. Anfang 2013 erhielt Biehl Racing in Mönchengladbach einen Anruf von Markus Brandi aus Bad Homburg, der Vater wäre verstorben, im Keller läge ein zerlegter alter Rennwagen, der müsste auch weg. „Was ist das denn für ein Auto?“, fragte ihn Marcel Biehl. Das wüsste er momentan nicht, war die Antwort. „Könnten sie bitte ein paar Bilder schiessen und uns die zukommen lassen?“, bat Marcel Biehl.

Am 11. April 2013 trafen die ersten Bilder ein, darunter eine Monocoque-Aufnahme, Bilder von Motor und Getriebe. Vor allem war aber bereits die Kopie einer Seite aus einem alten ONS-Pass beigelegt, die in Mönchengladbach sämtliche Antennen ausfuhr: „March 713, Fahrgestell ‚M-1‘, Baujahr 1971.“ Der Verkäufer fragte dann noch an: „Wenn wir den zu Euch bringen, und ihr macht den fertig, was kostet das?“ In der Folge besuchte Markus Brandi Biehl Racing, verschaffte sich einen Eindruck davon, was in diesem Unternehmen alles geleistet werden konnte. „Wenn wir eine Restauration vornehmen,“ klärte ihn Marcel Biehl aber auf, „dann macht das nur Sinn, wenn Sie anschließend den Wagen als Erinnerungsstück behalten wollen. Geld können Sie damit kaum verdienen, wenn Sie ihn danach noch verkaufen wollen.“

Ein „Schätzchen“ an der Angel

Es trat auf Verkäuferseite eine Bedenkzeit ein. Der verstorbene Vater Biagio Brandi war Kfz-Meister bei Mercedes-Benz in Bad Homburg gewesen. Auch das Haus, wo die Teile des Formel 3-March lagen, stand nun zum Verkauf. Und inzwischen wussten Vater Manfred und Sohn Marcel Biehl, welches „Schätzchen“ sie da an der Angel hatten. Es handelte sich zweifelsfrei um den Ex-Eifelland-Hannelore Werner-March 713 M aus der Saison 1971, den ersten Formel 3-March mit Monocoque – „M-1“.

Die 1942 in Hürth-Hermülheim geborene Werner, die später den Miteigentümer des Wohnwagenherstellers Eifelland, Motorsport-Mäzen und zeitweisen Formel-1-Teamchef (1972 Eifelland), Günther Hennerici, heiratete, gehörte Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre zu den ganz schnellen deutschen Damen hinter dem Lenkrad. Zu den Großtaten der gelernten Zahntechnikerin zählen unter anderem der Gesamtsieg bei der 24-Stunden-Dauer-Leistungsprüfung 1969 auf dem Nürburgring in einem Alpina-BMW 2002 TI und der zweite Platz im Formel 2-March 702 beim AvD-Preis von Deutschland auf der Nürburgring-Nord-schleife 1970. Auch mit dem March 713 M war sie 1971 bei relativ hoher Konkurrenzdichte in der Formel 3 sehr flott unterwegs, gewann das Hohenloher Flugplatzrennen in Niederstetten, wurde Zweite beim Markgräfler Flugplatzrennen in Bremgarten und platzierte sich in dieser Saison noch dreimal unter den ersten Zehn. Am Jahresende war sie Fünfte im „ADAC Preis Formel 3“ geworden.

Biehl Racing ermittelte sechs weitere Einsätze dieses Autos in den Jahren 1972/73 in Italien mit überwiegend italienischen Fahrern hinter dem Lenkrad, am 16. April 1972 hatte aber der Deutsche Heinz Lange beim Grand Prix Campagnolo in Monza als Zehnter die beste Platzierung in dieser Zeit erzielt. Letzter Eigentümer als Rennfahrer war dann Werner Fischer, der dem March in der Saison 1974 noch elfmal an den Start brachte mit der besten Platzierung Fünfter beim Bergpreis Schauinsland im Juli 1974. „Beim Flugplatzrennen Mainz-Finthen am 1. September 1974 ist er dann in der Schikane mit der Radnabe in einem Reifenstapel hängengeblieben“, weiß Marcel Biehl. „Die guckt beim March immer ein bisschen heraus, sie ist vorn die breiteste Stelle am Auto. Der Wagen verfügt vorn um eine 15 Zentimeter breitere Spur als hinten. So war das Monocoque noch vor den Seitenkästen eingedrückt, als wir ihn letztlich bekamen.“

„‘MOTOR GENERALÜBERHOLT‘ SAGT IM GRUNDE NICHTS, DIE KOLBEN WAREN  MIT DER FEILE ÜBERARBEITET…“

Die Biehls fanden dann auch noch eine Verkaufsanzeige in einer Ausgabe des deutschen Fachmagazins rallye racing Ende 1974 mit folgendem Text: „March Formel 3, zeitw. Platz 5 im Formel 3-Pokal, mit gen. Motor und Regenreifen, VB 12.000 DM, Telefon.“ So verkaufte Werner Fischer das Auto letztlich an Biagio Brandi in Bad Homburg. Damit war dann die „Lebensgeschichte“ des March 713 M „M-1“ im seinerzeitigen Motorsport lückenlos geschlossen und erschlossen. „Das war auch noch einmal ein ‚schönes‘ Beispiel dafür,“ ergänzt Vater Manfred Biehl, „was man sich unter ‚Motor gen.‘, will sagen, ‚Motor generalüberholt‘ vorzustellen hat – das sagt im Grunde nichts. Wir haben hier nämlich als erstes die Kolben völlig erneuern müssen, die waren lediglich mit der Feile überarbeitet…“

Soweit die Biehls in Erfahrung bringen konnten, hatte an Biagio Brandi noch damit begonnen, ein neues Monocoque zu bauen und etliche Ersatzteile wie beispielsweise March-Radaufhängungen bei Ernst Unger – später auch Hersteller der URD-Rennwagen – gekauft. Viel weiter war er aber nicht mehr gekommen.  Im Herbst 2013 konkretisierten sich ihre Verhandlungen mit Sohn Markus Brandi, in Bad Homburg musste das Haus leer geräumt werden, und so wurden sich beide Seiten schließlich einig. Biehl Racing übernahm alle Teile des Autos zu einem fairen Preis und transportierte sie am 4. November 2013 auf einem Lkw in die eigene Werkstatt. Dann teilten sie zwischen Vater und Sohn die Arbeiten auf, Manfred Biehl übernahm Motor und Getriebe, Marcel Biehl nahm sich des Fahrgestells an.

„WIR GREIFEN AUCH AUF EIN GUT  AUSGEBAUTES NETZWERK BIS NACH ENGLAND UND IN DIE USA HINEIN ZURÜCK“

„Das Monocoque beispielsweise war komplett in Ordnung zu bringen“, verdeutlicht Marcel Biehl. „Das heißt, alle verbauten Teile mussten demontiert, aufbereitet und wieder korrekt montiert werden. Das läuft letztlich auch darauf hinaus, dass du jede Schraube kontrollieren musst. Hier konnten wir aber auch von unseren großen Erfahrungen mit March-Monocoques profitieren. Der 713 M war ja der erste Formel 3-March mit Monocoque, das war im Grunde auch die Basis für alle March-Monocoques bis in die Formel 2 1977 hinein, die immer nur leicht verändert weiterentwickelt wurde. Zudem fahren in unserem Kundenkreis auch viele einen March-Rennwagen, der bei uns über die Saison betreut wird.“ Und Vater Manfred Biehl ergänzt: „Wir können ja auch seit vielen Jahren auf ein gut ausgebautes Netzwerk bis nach England und in die USA hinein zurückgreifen, um noch ganz spezielle technische Detailfragen abzuklären. Unsere Kontaktleute dort verfügen auch über regelrechte Kataloge für Rennwagen, die 40, 50 oder 60 Jahre alt sind.“

Die reine Restaurationszeit netto nur für dieses Projekt, das bei Biehl Racing neben dem erheblichen Alltagsgeschäft her laufen musste, schätzen die beiden auf etwa vier Monate. Bei den Classic Days Schloss Dyck Anfang August 2015 konnten sie ihre blitzsaubere Arbeit dann erstmals der Öffentlichkeit präsentieren. Wenige Tage später prüfte Marcel Biehl im Rahmen des Historischen Formel 3-Rennens beim AvD-Oldtimer-Grand Prix Nürburgring die Performance des Autos. Nachdem er im ersten Rennlauf dort wegen Kupplungsproblemen noch aus der Boxengasse startend dem Feld hinterher fahren musste, gewann er aber mit dem neu aufgebauten Auto bereits die Epochenklasse in Rennlauf zwei. Ein besonderes zusätzliches Highlight am Nürburgring war der Besuch von Ehrengast Hannelore Hennerici-Werner in den Boxen, die sichtlich hocherfreut war, ihren ehemaligen Fomel-3-Renner in so exzellenter Verfassung wiederzusehen.

VOR DEM ZWEITEN RENNEINSATZ 2015  SCHON VERKAUFT

Beim Historic Grand Prix Zandvoort 2015 Ende August meldete Biehl Racing dann den 713 M „M-1“ noch zu einem weiteren Renneinsatz im gemischten Feld historischer Formel-Rennwagen „Historic Monoposto Racing“, wo aber der erste Rennlauf nach nur wenigen Runden wegen Öls auf der Strecke und der Bergung von drei gestrandeten Teilnehmern mit einer Safety Car-Phase regelrecht zerrissen und auch so beendet wurde. Bei regulären Rennbedingungen im zweiten Durchgang kam dann auch Marcel Biehl als Dritter aller Formel-3-Rennwagen verschiedenster Epochenklassen – auch wesentlich modernerer – noch einmal  richtig zum Zuge, obwohl er sich dort aus Scharmützeln bereits tunlichst heraushalten musste, der Wagen war zwischenzeitlich verkauft!

„Der Vater hätte mir sonst am Montag die Ohren abgerissen, wenn ich noch irgendwo angeeckt wäre…“