Die ersten McLaren Formel-1-Siege

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Der McLaren M 7 A-Ford Cosworth DFV

Wenn sich der zweifache Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso und sein belgischer Teamgefährte Stoffel Vandoorne nun auch schon eine ganze Weile abrackern, in der aktuellen Formel 1 wenigstens in die Punkteränge zu fahren und dabei gegenwärtig von Podiumsplatzierungen auch nach dem Wechsel von Honda- auf Renault-Motoren 2017/2018 noch weiter entfernt sein mögen – McLaren ist statistisch absolut betrachtet immer noch das zweiterfolgreichste Team in der Formel-1-Geschichte hinter Ferrari und am zweitlängsten dort vertreten, ebenfalls hinter Ferrari. Zwischen 1974 und 2008 gewannen sieben Fahrer insgesamt zwölf Fahrer-Weltmeistertitel auf McLaren-Formel-1-Konstruktionen, achtmal zwischen 1974 und 1998 wurde McLaren Formel-1-Konstrukteurs-Weltmeister. Relativ und vergleichsweise betrachtet fallen die Erfolgszahlen von McLaren sogar noch deutlich eindrucksvoller aus – denn McLaren kam 18 Jahre nach Ferrari in die Formel 1. Bisher gewannen McLaren-Fahrer 182 Formel-1-Grands Prix seit 1968, dem seinerzeit erst dritten Jahr, in dem McLaren-Formel-1-Rennwagen an den Start gingen. So schnell ging das dort ganz nach oben, noch schneller als bei Lotus beispielsweise.

Lange Zeit Jüngster Formel-1-Sieger überhaupt

Das lag zunächst einmal ganz wesentlich begründet in den persönlichen Fähigkeiten des Firmengründers, des 1937 in Auckland geborenen Neuseeländers Bruce McLaren, der dort bereits mit 15 Jahren erste Rennen gefahren war und schon als Junge jede freie Stunde in der Werkstatt seines Vaters ausgeholfen hatte, in der auch Rennwagen präpariert wurden. Hier wurde der Australier Jack Brabham auf ihn aufmerksam und holte den gerade einmal 20-jährigen Bruce 1958 in das Cooper-Werksteam, von Brabham lernte er in der Folge auch enorm viel über die Technik und das Fahrverhalten von Rennwagen. Auch der junge McLaren war schon kein Mann großer Töne, er war stiller Zeitgenosse, geduldiger Zuhörer, der Typ des Denkers und Mitdenkers. Bereits 1959 gewann er im Alter von 22 Jahren und 104 Tagen als bis dahin jüngster Fahrer im kalifornischen Riverside auf einem Cooper seinen ersten Formel-1-Grand Prix. Diesen Rekord brach Fernando Alonso erst 44 Jahre später beim Grand Prix von Ungarn 2003 – 22 Jahre und 26 Tage. 1960 war Bruce McLaren mit Cooper dann schon Vizeweltmeister hinter seinem Teamgefährten und Lehrmeister Jack Brabham. Er fuhr dann noch bis 1965 für Cooper, deren Autos aber immer weniger konkurrenzfähig wurden – ein einziger Grand Prix-Sieg durch McLaren in Monaco 1962 innerhalb von fünf Jahren -, während Jack Brabham da schon seit 1962 erfolgreicher seine eigenen Formel-1-Rennwagen einsetzte.

1965 war auch das Jahr, in dem Bruce McLaren als Rennwagenbauer in die Fußstapfen Brabhams trat, zunächst wesentlich mit zweisitzigen Rennsportwagen, angetrieben von großvolumigen amerikanischen V8-Triebwerken – und schon das zeitigte mit ihm hinter dem Lenkrad sofort größere Erfolge. Nur ein Jahr später, nachdem er Cooper verlassen hatte, wagte er 1966 den Schritt als Hersteller auch in die Formel 1. Er hatte auch noch 1965 den 1939 geborenen englischen Ingenieur Robin Herd, der am St. Peter’s College in Oxford studiert und zunächst für die Royal Aircraft Establishment an der Entwicklung der Concorde gearbeitet hatte, abgeworben. Herd wurde mit der Entwicklung des Rennwagen-Versuchsträgers M 2 im Auftrag des Reifenherstellers Firestone betraut, bei dem ein Monocoque aus Malitte eingesetzt wurde, ein Material, das durch die so genannte Sandwich-Technik aus Aluminium/Holz/Aluminium entstand. Aus diesem M2 wurde der erste McLaren-Formel-1 M2 B, 1966 im Wechsel entweder mit einem aus dem 4,2-Liter-Ford-Indianapolis-Motor entwickelten Dreiliter-V8 oder dem italienischen Serenissima-Dreilter-V8 eingesetzt.

Aber die Trauben hingen anfangs noch höher, keiner der beiden Motoren arbeitete zufriedenstellend, die tatsächlichen Motorleistungen lagen niedriger als erwartet. Zudem wartete der zirka 300 PS starke Ford-Motor nur mit einem schmalen nutzbaren Drehzahlband auf, der Serenissima war eh schwächer. Das Resultat am Jahresende fiel für Bruce McLaren ziemlich ernüchternd aus, drei magere WM-Punkte, Tabellenplatz 14, so tief unten wie lange nicht. Für 1967 dehnte McLaren die Aktivitäten mit eigenen Rennwagen schon deutlicher aus. Mit dem M 4 A stellte er gleich auch einen sofort sehr gut funktionierenden Formel-2-Rennwagen – nahezu ausschließlich vom Cosworth FVA-Motor angetrieben – auf die Räder, mit dem erselbst sich achtmal unter den ersten Sechs der Rennen platzierte, am besten als Zweiter in Rouen sowie Dritter in Snetterton und Crystal Palace. Sein sehr talentierter Teamgefährte hier, „the coming man“ Piers Courage, wurde damit Zweiter in Zandvoort sowie zweimal Fünfter. Mit seinem neuesten, zweisitzigen Rennsportwagen, dem McLaren M 6 A-Chevrolet V8, gewann der Firmenchef selbst auf Anhieb den Meistertitel im zweiten Jahr der kanadisch-amerikanischen Rennserie CanAm.

Erste Startreihe beim zweiten Einsatz

Für die Formel 1 musste nach den herben Enttäuschungen des Vorjahres eine völlige Neukonstruktion her, und da er diese auch um einen völlig neuen und andersartigen Motor herum baute, einen Dreiliter-BRM V12, zog sich die Fertigstellung des M5 A bis tief in die Saison hinein. Erfinderisch und innovativ wie er war, fand Bruce McLaren aber auch noch eine Zwischenlösung für die ersten Läufe der Formel-1-Saison. Er baute kurzerhand in seinen Formel-2-Typ einen 2,1-Liter-BRM V8-Motor ein und stattete diesen Wagen mit seitlichen Zusatztanks wegen der längeren Formel-1-Renndistanzen aus. Zwar war das Auto mit nur rund 240 PS deutlich untermotorisiert, was aber vor allem auf den kurvenreicheren Strecken wie in Monaco und in Zandvoort nicht so sehr ins Gewicht fiel. Der leichte und wendige Wagen offenbarte hervorragende Fahreigenschaften. In Monaco gelang McLaren der neunte Startplatz von 16 Teilnehmern, ganz überwiegend mit Dreiliter-Formel-1-Rennwagen in den Händen, bei Fallen der Zielflagge war er Vierter!

Da der eigene Formel 1 immer noch nicht fertig war, fuhr er in der Folge bei den Grands Prix von Frankreich, Großbritannien und Deutschland den zweiten Eagle-Weslake V12 des selbstfahrenden Mitentwicklers und Teamchefs Dan Gurney – und schaute dabei sicher auch noch etwas ab. Der M 5 A-BRM V12 erschien dann beim viertletzten WM-Lauf, dem Grand Prix von Kanada in Mosport Park, und war, McLaren-Spezialität, auf Anhieb schnell – sechster Startplatz für Bruce McLaren, zeitweise Zweiter im Rennen und Siebter im Ziel. Ein Rennen später, in Monza, stand sein Wagen schon in der ersten Startreihe, bis zum Saisonende 1967 verhinderten aber noch Kinderkrankheiten und Defekte WM-Punkte.

Als Ford den Dreiliter-Cosworth DFV-Motor, der in seiner ersten, bereits sehr erfolgreichen Saison 1967 nur Lotus exklusiv zur Verfügung gestanden hatte, für 1968 auch anderen Teams zum Kauf anbot, schlug auch Bruce McLaren sofort zu. Und noch Robin Herd entwarf rund um dieses Aggregat den McLaren M 7 A mit schnittiger, klarer Linienführung für die Formel 1, bevor er zu Cosworth ging, um dort einen vierradangetriebenen Formel-1-Rennwagen zu entwickeln und sein Nachfolger bei McLaren, Gordon Coppuck, die Ausführung zu Ende brachte.

Verkörperung auch neuer Ideen in der Formel 1

Hier bestand der in Schalenbauweise aus Aluminiumblech gefertigte Rumpf aus zwei reichlich dimensionierten Kastenprofilen als Längsträger, in deren Hohlräumen die Gummitanks untergebracht waren. Sie wurden durch Nietung mit dem teilweise als Rechteckprofil ausgeführten vorderen Hauptspant, der Querlenker, Querstabilisator, Federbeine und Zahnstangenlenkung aufnahm, dem Feuerschott sowie dem in Höhe des Armaturenbretts und der Rückenlehne des Fahrersitzes hochgezogenen Boden zu einer tragenden Zelle verbunden. Das Monocoque-Chassis endete am doppelwandigen Feuerschott. An dieser Stelle übernahm der entsprechend ausgebildete und verankerte Motor wie beim Lotus 49/49 B die Fahrgestellfunktion.

Die Vorderradaufhängung bestand aus Doppel-Dreiecksquerlenkern, die Hinterradaufhängung aus einfachen oberen Querlenkern, Dreieckquerlenkern unten und je zwei Längslenkern. Der M7 A verkörperte auch neue Ideen wie beispielsweise die Verlegung von Öltank und kühler zur Belastung der angetriebenen Räder und Verkleinerung der Stirnfläche hinter der Hinterachse. Eine Besonderheit war auch die neue Lockheed-Bremsanlage, die mit Zangen zu je vier Kolben und radial belüfteten Scheiben von 305 Millimetern Durchmesser vorn und 267 Millimetern hinten arbeitete. Abseits dieser Neukonstruktion gelang Bruce McLaren, der bis dahin die Formel-1-Rennen mit seinen eigenen Autos allein bestritten hatte, für die Saison 1968 noch ein Clouauf Fahrerseite: Er warb seinen Landsmann und gerade amtierenden Weltmeister Denis Hulme nach vielen Jahren bei Brabham ab, und auch das sollte noch zu einer enormen Stärkung des Teams für viele Jahre führen.

Schließlich doch noch eine Titelchance für Hulme

Nach gerade einmal zwei Jahren in der „Königsklasse“ des vierrädrigen Motorsports fuhr dann der McLaren M7 A diese neue Formel-1-Marke ganz gehörig als ernstzunehmenden Herausforderer in das Bewusstsein. Es war der Chef selbst, der gleich bei einem elektrisierenden Debüt der Konstruktion am 17. März 1968 im nicht zur WM zählenden, aber sehr stark besetzten „Race of the Champions“ in Brands Hatch die Konkurrenz geradezu schockte: Pole-Position, Start-Ziel-Sieg, 14,2 Sekunden vor Pedro Rodriguez im BRM, 30,8 Sekunden vor Denis Hulme ebenfalls im M 7 A – beide Fahrer auf Anhieb auf dem Siegerpodium –und 37,4 Sekunden vor Chris Amon im Ferrari. Fünf Wochen später, bei einem weiteren Nicht-WM-Lauf, der „Daily Express Trophy“ in Silverstone, war dann Denis Hulme dran: Pole-Position, Sieg und sogar McLaren-Doppelsieg, elf Sekunden zurück kam Bruce McLaren ins Ziel vor beiden Ferrari mit Chris Amon und Jacky Ickx. Im Gegensatz zur flugunfähigen Vogelart aus ihrer Heimat Neuseeland „flogen“ diese „Kiwis“ geradezu um die Wette. Und esdauerte dann nicht einmal zwei weitere Monate, da hatte Bruce McLaren beim belgischen Grand Prix in Spa-Francorchamps nach einem sehr wechselhaften Rennverlauf am Schluss das beste Ende für sich und als dritter Fahrer in der Geschichte nach Jack Brabham 1966 und Dan Gurney 1967 auch einen Weltmeisterschaftslauf in einem von ihm selbst gebauten Formel- 1-Rennwagen gewonnen!

Obwohl sich aber auch Denis Hulme im Championat wiederholt gut platzierte, er war unter anderem Zweiter im Grand Prix von Spanien, sah es hier 1968 längere Zeit nicht danach aus, als könnten die „Kiwis“ eine Rolle im Titelkampf spielen. Nun verlief aber gerade auch die Saison 1968 nach dem Todessturz von Jim Clark über lange Strecken sehr wechselhaft, auch war es wiederholt eine regelrechte Schlechtwetter-Saison, Regenrennen in Zandvoort, zeitweise Regen in Rouen und als Höhepunkt der berüchtigte Regen- und Nebel-Grand Prix am Nürburgring. Nach diesem war Denis Hulme, der Regen sowieso wie die Pest hasste, mit 15 WM-Punkten gerade einmal Vierter in der Tabelle hinter Graham Hill (Lotus, 30), Jackie Stewart (Matra, 26) und Jacky Ickx (Ferrari, 23). Dann aber lachte gerade auch für ihn noch die Sonne im letzten Saisondrittel. Innerhalb von 14 Tagen siegte er im italienischen Monza und im kanadischen St. Jovite zweimal hintereinander – in Kanada weiterer McLaren-Doppelsieg mit Bruce auf Rang zwei – war vor dem Saisonfinale in Mexiko City Tabellendritter mit sechs Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Graham Hill und hatte noch eine Chance, seinen Weltmeistertitel zu verteidigen. Aber das blieb er dann auch, als ihm im mexikanischen Grand Prix in der zehnten Runde in einer schnellen Passage eine Federbeinaufhängung brach und er nach Unfall ausschied. Graham Hill siegte hier zum dritten Mal 1968 und wurde Weltmeister.